Vor kurzem bekräftigte der VfGH den rechtlichen Bestand des § 725 ABGB in seiner neuen Fassung. Es liegt keine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Unverletzlichkeit des Eigentums vor, wenn gemäß § 725 ABGB testamentarisch begünstigte Personen ihre Erbenstellung durch Verlust der Angehörigeneigenschaft verlieren.
1.1. Mit der umfassenden Erbrechtsreform 2015 wurde auch § 725 ABGB eingeführt, eine Regelung, die der Rechtssicherheit dienen soll. Angeordnet wird die Aufhebung des letzten Willens des Erblassers, wenn dieser während der Partnerschaft seinen Partner (oder andere Angehörige) als Erben einsetzt, aber danach die Beziehung aufgelöst wird.
1.2. Betroffene begünstigte Erben, welche ihre Erbenstellung verlieren sollen, sind alle ehemaligen Angehörigen, die nicht mehr mit dem Erblasser im Zeitpunkt des Todes verpartnert, verheiratet oder in einer Beziehung sind. Weiters betroffen sind ehemalige Kinder, nach Aufhebung oder Widerruf der Abstammung.
1.3. Jene Personen verlieren ihre Erbenstellung jedoch nur, wenn erstens der Erblasser in seinem letzten Willen diese darin bedacht hat und zweitens nach Verlust der Angehörigenstellung keine ausdrückliche gegenteilige Erklärung des Erblassers vorliegt.
Der VfGH bestätigte die Verfassungskonformität dieser gesetzlichen Anordnung in einem über Parteiantrag eingeleiteten Gesetzesprüfungsverfahren (G 409/2017-15):
1.4. Antragstellerin war die ehemalige Lebensgefährtin des Verstorbenen, welche während der Lebensgemeinschaft als Universalerbin testamentarisch eingesetzt worden war. Trotz Auflösung der Beziehung wurde laut der Antragstellerin bis zum letzten Tag ein freundschaftliches Verhältnis zwischen dem Verstorbenen und ihr gepflegt. Ihre Erbantrittserklärung wies das Bezirksgericht jedoch ab, war doch die Lebensgemeinschaft im Zeitpunkt des Todes des Verstorbenen nicht mehr aufrecht und ordnet § 725 ABGB ausdrücklich die Aufhebung der Erbenstellung an. Auch lag keine ausdrückliche gegenteilige Anordnung des Erblassers vor.
1.5. Der VfGH erkannte, dass keine Verletzung des Grundrechts auf Unverletzlichkeit des Eigentums vorliegt (Art 1 1. ZPEMRK „berechtigte Erwartungen“). Letztwillige Begünstigungen vor dem Tod des Erblassers sind keine Rechtspositionen, die vom Schutzbereich dieses Grundrechts umfasst wären, kann der Erblasser diese doch jederzeit widerrufen. Der potentielle Anspruch wird dann bereits vor dem Tod durch Verlust der Angehörigeneigenschaft beseitigt.
1.6. Auch hat der Gesetzgeber bei der Formulierung des § 725 ABGB die Schranken des verfassungsgesetzlichen Gleichheitsgrundsatzes nicht überschritten. Dieser verbietet es, sachlich unbegründeten Regelungen zu treffen. Die neue Anordnung spiegelt aber das öffentliche und zeitgemäße Verständnis von Trennungsfolgen wider. Vor dem 1. Jänner 2017 führte beispielsweise die Ehescheidung nicht automatisch zur Aufhebung jener Teile einer letztwilligen Verfügung, in denen der Ehegatte begünstigt wurde. Problematisch war dies insofern, als lediglich eine Anfechtung der letztwilligen Verfügung wegen Motivirrtums den letzten Willen außer Kraft setzen konnte.
1.7. Es liegt im öffentlichen Interesse, dem vermuteten wahren Willen des Erblassers zum Durchbruch zu verhelfen und Beweisschwierigkeiten zu vermeiden. Man stellt auf eine Durchschnittsbetrachtung ab, nach der es nicht dem wahren Willen des Erblassers entspricht, wenn der frühere Angehörige nach ihm erbt. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Ehescheidung, die Auflösung der eingetragenen Partnerschaft bzw. der sonstige Verlust der Angehörigenstellung, auf eine vollständige Trennung in jeder Hinsicht ausgerichtet ist.
2. Die Erbrechtsreform 2015 wird die Gerichte in den nächsten Jahren mit Sicherheit eingehend beschäftigen. Im Hinblick auf die Komplexität dieser Rechtsmaterie bedürfen die Errichtung sowie der Widerruf einer letztwilligen Verfügung in jedem Fall einer eingehenden Überlegung sowie rechtlichen Beratung.